Tanken wird ab heute billiger!
Der Bund verzichtet in den kommenden drei Monaten auf etwa drei Milliarden Euro an Steuern, um Benzin und Diesel von Juni bis Ende August günstiger zu machen. In diesem Zeitraum werden Benzin rein rechnerisch um 29,55 Cent und Diesel um 14,04 Cent pro Liter entlastet.
Aber die Preise werden - zur großen Überraschung einiger Autofahrer die heute Schlange stehen vor den Tankstellen - nicht über Nacht kippen! Denn die Tankstellen werden erst nach und nach Sprit mit den reduzierten Steuersätzen einkaufen und dann (hoffentlich) an die Autofahrer weitergeben. Daran glaubt nicht jeder, denn schon länger hält sich der Verdacht: Die Raffinerien zocken die Kunden seit Monaten an den Zapfsäulen ab. Denn normalerweise entwickelt sich der Spritpreis mehr oder weniger parallel zum Ölpreis. Doch seit dem russischen Angriff auf die Ukraine ist der Spritpreis für die deutschen Verbraucher sehr viel stärker gestiegen als der Ölpreis. Die Rohölpreise, die Abgabepreise der Raffinerien und die Preise an der Tankstelle sind in den vergangenen Wochen deutlich auseinandergelaufen, stellte auch das Bundeskartellamt bereits fest. Wie kann das sein?
Starker Dollar und eingebrochener Dieselimport
Zur Beantwortung dieser Frage müssen wenigstens zwei Entwicklungen berücksichtigt werden, die nichts mit Abzocke zu tun haben. Zum einen die Tatsache, dass der Euro gegenüber dem Dollar erheblich an Wert verloren hat. Europäische Raffinerien kaufen und bezahlen Sprit in Euro und müssen hierfür heute deutlich mehr Euro auf den Tisch legen. Rohöl hingegen wird am Weltmarkt mit (starken) Dollars abgerechnet. Als zweiter Erklärungsansatz kommt hinzu, dass sich das globale Angebot und die Nachfrage bei Treibstoff, insbesondere bei Flugbenzin und Diesel, weiter auseinanderentwickelt haben. In den vergangenen Jahren wurden in vielen Ländern Raffineriekapazitäten abgebaut. Der in Europa verbrauchte Diesel stammt zudem zu einem erheblichen Teil aus russischen Raffinerien. Der russische Dieselimport ist in den vergangenen Monaten aber eingebrochen, weil immer weniger Länder und Unternehmen Geschäfte mit Russland machen wollen. Freie Kapazitäten, diese Lieferungen zu ersetzen, gibt es nicht. Weniger Angebot bei gleicher Nachfrage führt zu steigenden Preisen.
Die nächsten Tage werden es zeigen
Es gibt also durchaus auch marktwirtschaftliche Erklärungen für die wenig erfreulichen Spritpreisentwicklungen der vergangenen Wochen. Welcher (zusätzliche) Beitrag auf das Konto opportunistischen Preisverhaltens der Ölkonzerne, Raffinerien und Großhändler zurückgeht, lässt sich nur schwer nachvollziehen. So oder so bleibt also abzuwarten, wie viel von dem seit heute geltenden Tankrabatt letztlich tatsächlich bei den Autofahrern ankommen wird.